Buchtipp: Papa im Spagat

Ich hätt mir vorher das selber nicht zugetraut. Und da wunder ich mich heute noch fast tagtäglich,“[1] beschreibt allein erziehender Vater von zwei Mädchen sein Grundgefühl in Nina Hucklenbruchs herausragender Diplomarbeit „Papa im Spagat“. Anhand eines ausführlichen biographischen Interviews zeigt die Autorin exemplarisch den Alltag allein erziehender Väter auf und untersucht deren Bildungs- und Karrierewege. Diese gelungene Studie ist als Einstieg für alle, die sich mit der Situation allein erziehender Väter beschäftigen möchten, sehr empfehlenswert.

Die Diplompädagogin mit Schwerpunkt Psychologie und Erwachsenenbildung fokussiert in ihrer Untersuchung auf die Situation allein erziehender Väter, auf die Besonderheiten ihrer Lebenslagen und auf die Herausforderungen, die mit dieser spezifischen Familienform verbunden sind. Sie verdeutlicht die Unzulänglichkeit einer Subsumierung der allein erziehenden Väter unter die große Mehrheit der allein erziehenden Mütter. Lebenssituation, Bedürfnisse, Problemlagen, Verhaltensweisen und Ressourcen differieren stark.

Noch mehr als allein erziehende Mütter konterkarieren allein erziehende Väter das tradierte Familienmodell, in dem die familiäre Fürsorgearbeit nach wie vor überwiegend bei den Müttern verortet ist. Insofern, so überlegt Nina Hucklenbruch, stelle die Gruppe der allein erziehenden Väter zwar nur eine verschwindend geringe Minderheit in der deutschen Gesellschaft dar, gleichwohl vermag deren Analyse wichtige Impulse für Geschlechter- und Vaterschaftsdiskurse und die Erforschung männlicher Sozialisation und Lebensführung setzen.

Nina Hucklenbruch analysiert die spezifische Situation allein erziehender Väter vor allem unter dem Gesichtspunkt der Ressourcenentwicklung bzw. der Ressourcenerschöpfung. Sie arbeitet auf dieser Grundlage die Lebensbedingungen und besonderen Herausforderungen allein erziehender Väter heraus. Gleichzeitig verdeutlicht sie auf nachvollziehbare Weise, worin sich Lebensbedingungen und Herausforderungen allein erziehender Väter denen allein erziehender Mütter ähneln und worin sie sich unterscheiden. In ihrer Arbeit fasst sie den aktuellen Forschungsstand zu allein erziehenden Vätern, zu Ressourcen und zu Bewältigungsmechanismen zusammen. Anhand eines ausführlichen biografischen Interviews analysiert sie den Alltag eines allein erziehenden Vaters und rekonstruiert exemplarisch Faktoren, die bei der Bewältigung des Alleinerziehendenalltags Ressourcenentwicklung befördern oder hemmen.

Ähnlichkeiten zu der Situation allein erziehender Mütter findet Nina Hucklenbruch vor allem hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Hier wie dort, so die Autorin, werde in der Regel übersehen, dass im familiären System ein entscheidender Orientierungspunkt fehle und deshalb Konflikte bei der Vereinbarkeit in Einelternfamilien einzeln ausgehandelt werden müssen. Unterschiede bestehen jedoch vor allem hinsichtlich der Möglichkeit und der Art Konfliktbewältigung, so eines der zentralen Ergebnisse. Tendenziell verfügen allein erziehende Väter über die besseren finanziellen Ressourcen und auch über sicherere Unterstützungsressourcen im Haushalt und im Alltagsgeschehen. Allerdings sehen sich allein erziehende Männer mit einer deutlich geringeren Akzeptanz ihrer Rolle als Einelternteil konfrontiert. Sie müssen mangels greifbarer Vorbilder und mangels Austausch mit Gleichgesinnten meist mehr auf ihr eigenes Leistungsvermögen zurückgreifen als allein erziehende Frauen.

Der Umgang mit der Lebenssituation sowie der Rollendekonstruktion ist stark individualisiert. Insgesamt lässt sich dennoch feststellen, dass das Vorhandensein von Bildungs-, finanziellen und sozialen Ressourcen wichtige Bedingungen für die Bewältigung bestehender Rollen- und Vereinbarkeitskonflikte ist. Ebenso scheint die Art der männlichen Sozialisation Ressourcen verstärkend zu sein. Zur Unterstützung allein erziehender Väter schlägt Hucklenbruck eine Form der Bildungsberatung, die darauf abzielt Ressourcen stärkende bzw. hemmende Faktoren bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu identifizieren und individuell zugeschnittene Unterstützungskonzepte zu erstellen. Dies könne durchaus auch in die betriebliche Bildungsberatung integriert werden.

Nina Hucklenbruch, Papa im Spagat. Bildungs- und Karrierewege allein erziehender Väter. Biographien zwischen Ressourcenentwicklung und Ressourcenerschöpfung. Marburg 2010.

[1] Zitat  aus S.115

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