Man kommt nicht darum herum, sich mit dieser streitbaren und strittigen Person zu beschäftigen, nicht in diesem Jahr, in dem sie ihre 80. Geburtstag feiert, und nicht in den Jahrzehnten davor: Alice Schwarzer.
Mich interessiert an ihr die Kraft, mit der sie sich für Frauen und die Sache der Frauen eingesetzt hat. Investigativ und journalistisch hat sie Lebenswelten aufgedeckt, immer nah dran an den Frauen, auch an denen, die nicht so waren wie sie. Sie skandalisierte allein dadurch, dass sie über Frauen und ihre Lebenswelten geschrieben hat, und erreichte so ein breites Publikum mit Themen, die bis dahin nicht öffentlich beleuchtet waren. Ohne den akademisch anmutenden Blick und ohne theoretischen Überbau machte sie Schicksale sichtbar. Immer mit dem vollstem Einsatz ihrer ganzen Person.
Man muss nicht alle Positionen teilen, um sich darauf einlassen zu können, wie wichtig der Beitrag von Alice Schwarzer für die Liberalisierung unserer Gesellschaft war. Und wer vielleicht gerade keine Muße zum Lesen hat: Auch der aktuell in den Mediatheken verfügbare Film über sie lohnt sich.
Alice Schwarzer (2022): Mein Leben, Kiepenheuer&Witsch, 736 Seiten, ISBN978-3-462-00438-0