Ortsflexibles Arbeiten in der Sozialwirtschaft?

Digitalisierung eröffnet neue Möglichkeiten

Telearbeit in der Sozialwirtschaft ist nur auf den ersten Blick nicht möglich. (westfale/pixabay.com)

Die Möglichkeiten des ortsflexiblen Arbeitens in der Sozialwirtschaft sind großteils auf die Verwaltungsbereiche und auf Führungsebenen beschränkt. Die Hürden, Beschäftigten die Möglichkeit zu eröffnen, ihre Arbeit auch an einem anderen Ort als der eigentlichen Arbeitsstätte zu verrichten, sind hoch. Sie sind organisatorischer, kultureller und wertebezogener Natur.

Der Dienst am Menschen und Ortsflexibilität in der Arbeitsleistung scheinen sich auszuschließen. Noch ist es schwer denkbar, dass Erzieher*innen oder Pfleger*innen einmal pro Woche im Homeoffice arbeiten oder Jugendhelfer*innen im Notfall unter Zuhilfenahme von Firmennotebooks schnell noch ein paar Anliegen von zu Hause aus erledigen.

Doch die Nachfrage nach mobilen Arbeitsformen wächst. Immer mehr Beschäftigte der Sozialwirtschaft wünschen sich ortsflexible Arbeitsmöglichkeiten. Zudem gerät die Sozialwirtschaft durch das Erstarken alternativer Leistungserbringer und Anbieter, die mehr mit digitalen Assistenzsystemen, Plattformen und sozialen Medien arbeiten, unter Zugzwang. Und es funktioniert: Laut einer Umfrage der Initiative Mittelstand 4.0 geben 37,9 Prozent der Beschäftigten in der Sozialwirtschaft an, dass sich durch den Einsatz neuer Technologien der Anteil der Arbeit, der von zu Hause oder unterwegs erledigt wird, deutlich vergrößert hat.

Die Digitalisierung eröffnet auch in der Sozialwirtschaft neue Wege. Sie technisiert u.a. die deutlich gewachsenen Aufgaben jenseits der unmittelbaren Arbeit mit und am Menschen und überwindet die zwingend notwendige Präsenz am Arbeitsort. Dies trifft etwa auf Anforderungen der Dienstplanung, der Tages- und Wochendokumentation, der Terminvereinbarung, der Erstellung von Entwicklungsprognosen, der Ausarbeitung und Vorbereitung von Betreuungsmodulen zu. All dies  könnten Erzieher*innen, Pfleger*innen und Betreuer*innen bei entsprechenden technischen Voraussetzungen durchaus stundenweise per Telearbeit von zu Hause erledigen. Darüber hinaus bietet die Nutzung von Social Media ganz neue Möglichkeiten der Beratung und Begleitung an, die das unmittelbare Beratungsgespräch vor Ort zumindest in Teilen ersetzen wird und für deren Einsatz der Arbeitsort eine zusehends untergeordnete Rolle spielen wird.

Um flexible Arbeitsformen in der Sozialwirtschaft tatsächlich zu einem Erfolgsmodell werden zu lassen, ist weit mehr als die Digitalisierung einzelner Arbeitsvorgänge von Nöten.

Nötig sind Anpassungen in der Arbeitsorganisation, der Zusammenarbeit und der strategischen Ausrichtung. Im Einzelnen sollten folgende Entwicklungsprozesse angestoßen werden, um die eingangs erwähnten organisatorischen, kulturellen und wertebezogenen Hürden zu überwinden:

  1. Ausrichtung der Organisationsstrukturen und Arbeitsformen auf die digitale Welt, indem Prozess- und IT-Management zusammengeführt werden
  2. Neudefinition des Aufgabenverständnisses und des Serviceversprechens sozialer Dienstleistung im digitalen Zeitalter
  3. Abbau hierarchischer Strukturen und Dezentralisierung von Entscheidungskompetenzen
  4. Auf- und Ausbau spezifischer Führungskompetenzen (ergebnis- und zielorientiertes Führen, Führen im agilen und flexiblen Umfeld)
  5. Förderung von Eigenverantwortung und Selbstorganisation auf Seiten der Beschäftigten
  6. Stärkung einer dialog- und konsensorientierten Kommunikation
  7. Förderung von Teamfähigkeit und Teamzusammenhalt.

Zum Thema „Gelingensfaktoren für die Einführung und Umsetzung ortsflexibler Arbeitsformen in der Sozialwirtschaft“ referierte Frau Mantl Anfang Juni umfassend auf dem Fachtag „Arbeit 4.0?! Mit Familienorientierung in Kirche und Diakonie in Führung gehen“. Im Ergebnis des Fachtages waren die Teilnehmenden überrascht. Es ist doch deutlich mehr Flexibilisierung möglich, als sie gedacht haben. Wenn auch noch Handlungsbedarf in Sachen Arbeitgeberattraktivität im Wettbewerb um motiviertes und qualifiziertes Fachpersonal hinzukommt, geht die Flexibilisierung oft auch deutlich schneller.

Siehe u.a. auch: https://www.finsoz.de/sites/default/files/bilder/2016/WEB_FINSOZeV_Bro_Positionspapier-Digitalisierung-2016%20(003).pdf.

Tagungsdokumentation inklusive Vortragsfolien: http://www.fa-kd.de/tagungsdokumentationen/fachtag-arbeiten-40/

 

 


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