Familien- und geschlechtergerechte Dienstplanung

Seminar- und Erfahrungsbericht

Verbindlichkeit und Flexibilität gehören untrennbar zusammen. Foto: pixabay.com: TeroVeslainen.

Auch in der Sozial- und Gesundheitsbranche mit ihren Schicht- und Präsenzanforderungen können Mitarbeitende nachhaltig bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie entlastet werden. Zudem gibt es zahlreiche Möglichkeiten, auf deren lebensphasenspezifische Bedürfnisse nach zeitlicher und räumlicher Flexibilität einzugehen.

Welche Instrumente es konkret gibt und wie diese nachhaltig implementiert werden können, war Thema einer dreitägigen Fortbildung, die ich für die Fortbildungs-Akademie des Deutschen Caritasverbandes konzipiert und Mitte Oktober moderiert habe.

Neu und spannend für die Teilnehmenden war dabei vor allem die systemische, ganzheitliche Betrachtung der Dienstplan- und Arbeitszeitgestaltung, die sich als roter Faden durch die Veranstaltung zog. Begonnen hat die Weiterbildung mit einem intensiven Austausch über die Möglichkeiten einer verlässlichen Dienstplanung und ein proaktives Ausfallmanagement, die Grundvoraussetzung für ein verbindliches berufliches und familiäres Zeitmanagement sind.

Nicht mehr regelmäßig aus dem Frei gerufen zu werden, um eine erkrankte Kollegin oder einen Kollegen, der sich um sein krankes Kind kümmern muss, zu vertreten, entstresst und die erwarteten familiären Termine oder die geplanten Regenerationsphasen, auf die man sich gefreut hat, können eingehalten werden. Darüber hinaus ist, auch dies haben wir in dem Seminar diskutiert, Verbindlichkeit Voraussetzung für jede weitere Form der Arbeitszeitflexibilisierung, mittels derer auf individuelle Vereinbarkeitsbelange reagiert werden kann, egal ob es sich hierbei um Teilzeit, Gleitzeit oder Zeitkonten handelt. Angeschnitten haben wir auch die Möglichkeit zum ortsflexiblen Arbeiten.

Über die reinen Methoden hinaus lenkte das Seminar den Fokus dann aber auf die Bedeutung eines unterstützenden Führungsverhaltens sowie eines tiefergehenden Kulturwandels. Diese Schwerpunktsetzung beruht auf der Erfahrung, dass Einführung und Ausweitung familien- und lebensphasenbewusster Arbeitszeitmodelle nur in dieser ganzheitlichen Zugehensweise die gewünschte Wirkung zeigen.

Es bedarf strategischer Vorentscheidungen sowie konkreter Überlegungen, wie die Akzeptanz der Beschäftigten für ein neues Dienstplansystem geschaffen werden kann, das zwar zum einen Verbindlichkeit erhöht, zum anderen aber in gewohnte Formen der Zusammenarbeit eingreift und Anpassung erzwingt.

Und so bestätigte sich auch in diesem Seminar, dass nicht selten innovative und für die Vereinbarkeit grundsätzlich unterstützende Instrumente zur Arbeitszeitgestaltung eingeführt werden, ohne die Beschäftigten zu beteiligen, Formen der Zusammenarbeit anzupassen, Altbewährtes zu berücksichtigen oder entsprechende Führungskompetenzen aus- bzw. aufzubauen. Unterbleiben diese in Veränderungsprozessen notwendigen Schritte, rumort es schnell in der Belegschaft und finden grundsätzlich hilfreiche Technikinnovationen wenig Akzeptanz.

Dass sie künftig mehr Gewicht auf die Pole Beteiligung und Führung lenken sollten, statt die nächsten Innovationsschritte im Bereich der Dienstplantechnik zu gehen, war für einen Teil der Teilnehmenden dann auch die zentrale Seminarerkenntnis. Inwiefern sich hier auch eine Abflachung der Hierarchien anbietet und wie Aufgaben und Verantwortlichkeiten neu definiert werden sollten, war Thema einer weiteren Seminarsequenz.

Ein anderer Teil der Seminargruppe hat für sich mitgenommen, vor Einführung neuer Zeitmodelle zunächst das grundsätzliche Einverständnis der Hausleitung zu erwirken. Für beiderlei Anliegen vermittelte das Seminar eine Vielzahl an systemischen Methoden, die die Teilnehmenden in Gruppenarbeit diskutieren und erproben konnten.

Darüber hinaus befasste sich das Seminar mit der Bedeutung einer passgenauen Anliegenklärung in Veränderungsprozessen. Wo steht die Einrichtung hinsichtlich ihrer strategischen Ausrichtung, ihrer Führung, der Instrumente, der Arbeitsorganisation, der Zusammenarbeit und Beteiligung? Was sind mit Blick auf den aktuellen Status Quo die nächsten sinnvollen, hilfreichen und machbaren Schritte, um in Sachen einer familien- und lebensphasenbezogenen Arbeitszeit- und Dienstplangestaltung zu einem „Besser“ zu kommen?  

Die Teilnehmenden waren zum Teil erstaunt, wie sich durch die systemische Betrachtungsweise ihre Anliegen veränderten und präzisierten und welche nächsten Schritte sie daraus ableiteten. So wurde beispielsweise aus „Dienstplanung weiter optimieren“  „Veränderungsprozess entschleunigen“, „Anpassung ermöglichen“ und „Mitarbeitende in die Evaluation und Weiterentwicklung einbinden“.

Anne-Kerrin Gomer-Simpfendörfer, die an der Fortbildung-Akademie des Deutschen Caritasverbandes die Programmverantwortung für das Angebot trägt, nahm selbst auch an dem Seminar teil. Sie erlebte die Seminargruppe als hochzufrieden.

Ihr Fazit: „Die Teilnehmenden beschrieben insbesondere die Methodenvielfalt, den strukturierten Erfahrungsaustausch, das Nutzen von Expert*innenwissen im Rahmen des kollegialen Austausches sowie die Bearbeitung konkreter Anliegen als gewinnbringend. Es war spannend, mitzuerleben, wie die Fach- und Führungskräfte nach einer ersten Enttäuschung, keine fertigen Lösungen zu erhalten, durch den systemischen Ansatz im Lauf des Seminars ihren Handlungsspielraum spürbar vergrößern konnten.“

Mein lösungsfokussiertes und systemisches Arbeiten basiert auf den Forschungs- und Entwicklungsarbeiten von Dipl.-Psych. Insa Sparrer und Prof. Dr. Matthias Varga von Kibéd am SySt®-Institut (Institut für systemische Ausbildung, Fortbildung und Forschung) in München.

Prof. Dr. Matthias Varga von Kibéd und Dipl. Psych. Insa Sparrer haben in ihrer Arbeit zur Entwicklung Systemischer Strukturaufstellungen (SySt®) das Wissen aus den Bereichen der modernen Hypnokommunikation, sprachlogischer Grundlagen, der lösungsfokussierten Schule von Milwaukee und der Arbeit von Virginia Satir mit systemischen Grundlagenarbeiten und logischen Strukturen verbunden. Elisabeth Ferrari hat die Ergebnisse dieser Entwicklungsarbeiten auf den Businesskontext übertragen. Aktuell absolviere ich das zweite Jahr der vierjährigen SySt®-Ausbildung am SySt®-Institut in München.


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